Das irakische Gesundheitsministerium sieht laut einem kürzlich mit Unterstützung der WHO veröffentlichten vorläufigen Bericht keinen Beleg für eine gestiegene Rate angeborener Fehlbildungen im Irak. Die deutschen Sektionen der IPPNW (Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges / Ärzte in sozialer Verantwortung) und ICBUW (International Coalition to Ban Uranium Weapons) kritisierten diese Verlautbarung. Das angewendete Studiendesign, bisherige Studienergebnisse sowie frühere gegenteilige Aussagen hochrangiger Vertreter des irakischen Gesundheitsministeriums werfen zahlreiche kritische Fragen auf. Die IPPNW und die ICBUW fordern die WHO und das irakische Gesundheitsministerium auf, den vollständigen Datensatz sowie die endgültige Studie zu veröffentlichen. Zudem müsse das irakische Gesundheitsministerium endlich mit dem Aufbau eines landesweiten Registers für angeborene Fehlbildungen und kindliche Krebserkrankungen beginnen.
Seit Mitte der 90er Jahre berichten irakische Ärzte aus verschiedenen Regionen des Irak, z.B. Basrah und Fallujah, über eine Häufung angeborener Fehlbildungen. Viele der betroffenen Neugeborenen weisen schwerste Anomalien auf. Die BBC hat im März 2013 einen erschütternden Dokumentarfilm über diese Situation gezeigt. Ein Vertreter des irakischen Gesundheitsministeriums sprach in diesem Film von einem steilen Anstieg der angeborenen Fehlbildungen. Er hält als Ursache kriegsbedingte Umweltverschmutzungen, wie die Verwendung von Uranmunition für möglich.
Die groß angelegte Studie zur Frage der Fehlbildungsraten im Irak haben das irakische Gesundheitsministerium und die WHO bereits im März 2012 auf den Weg gebracht. Der oben erwähnte Bericht ist der erste von drei Teilen dieser Erhebung und erschien am 11. September 2013. Obwohl er ausdrücklich als „vorläufig“ bezeichnet wird, kommen die nicht genannten Autoren des Papiers zu dem Schluss, dass die Studie keinen Beleg für eine ungewöhnlich hohe Rate angeborener Fehlbildungen im Irak liefere.
Für die Studie wurden in 18 Provinzen des Irak in je 600 Haushalten die Haushaltsvorstände und Frauen im gebärfähigen Alter zu fehlgebildeten Neugeborenen, Fehl- und Totgeburten aus den letzten 15 Jahren befragt. Nur bei 32 Prozent der als auffällig registrierten Kinder gab es medizinische Unterlagen. Bei allen anderen verließ man sich auf die mündlichen Angaben der Befragten; eine äußerst fehleranfällige und fragwürdige Datenquelle. Die im Ministerium vorhandenen Statistiken zu Fehlbildungsraten bei Neugeborenen sowie die Krankenhausstatistiken wurden nicht mit den Befragungsergebnissen verglichen oder zumindestens diskutiert. Der jetzt veröffentlichte Studienteil ist auch nicht vorab von unabhängigen Wissenschaftlern begutachtet worden.
Bis heute weigert sich die USA, die genauen geographischen Koordinaten der eingesetzten DU-Munition preiszugeben. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die WHO und die irakische Regierung das Problem der Uran-Kontamination im Irak herunterspielen.
Den vorläufigen Bericht des irakischen Gesundheitsministeriums finden Sie unter http://www.emro.who.int/irq/iraq-infocus/faq-congenital-birth-defect-study.html, den IPPNW/ICBUW-Report „Die gesundheitlichen Folgen von Uranmunition“ unter http://www.kurzlink.de/uranmunition
Eine an die WHO und das irakische Gesundheitsministerium gerichtete Petition haben bereits mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet: http://www.change.org/act4iraq
Am 28. September 2013 findet in München im Rahmen des Uranfilmfestivals eine Matinee zum Thema „Krieg und Uranmunition“ mit Winfrid Eisenberg (IPPNW) und Prof. Manfred Mohr (ICBUW) statt. Weitere Informationen unter http://bit.ly/15uYqXj
Kontakt: Angelika Wilmen, Pressesprecherin, Tel. 030-69 80 74-15, Deutsche Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), Körtestr. 10, 10967 Berlin, Email: wilmen[at]ippnw.de, www.ippnw.de; Prof. Manfred Mohr, ICBUW Deutschland, Tel. 0172-8146374
Bild: Angeborene Fehlbildungen im Irak. Die Kinderärztin Dr. Samira Alaani untersucht am Fallujah General Hospital ein Neugeborenes; Foto: Donna Mulhearn